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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.10.2007
Aktenzeichen: 7 U 55/07
Rechtsgebiete: ZPO, AnfG
Vorschriften:
ZPO § 522 Abs. 2 | |
ZPO § 529 Abs. 1 | |
ZPO § 531 Abs. 2 | |
AnfG § 2 | |
AnfG § 3 Abs. 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
7 U 55/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke
am 29.10.2007
beschlossen:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.2.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.571,60 € festgesetzt.
Gründe:
Nach § 522 Abs. 2 ZPO weist das Berufungsgericht die Berufung durch einstimmigen Beschluss unverzüglich zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Berufung hat insbesondere keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen zu Ziffer 2. der Gründe des Beschlusses des Senates vom 6.7.2007 verwiesen. Die hiergegen mit den Schriftsätzen vom 13.8.2007, 27.8.2007 und 28.8.2007 erhobenen Einwendungen führen nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Erfolgsaussichten der Berufung.
Die Klägerin ist zur Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz berechtigt. Die Anfechtung nach diesem Gesetz steht jedem Gläubiger offen, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde, § 2 AnfG.
Die Klägerin verfolgt mit ihrem Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das streitbefangene Grundstück der Beklagten eine Forderung gegen den Schuldner A... Z... als Inhaber der Firma Z... Aufbereitungstechnik. Die Forderung ist fällig. Sie ist auch Gegenstand eines vollstreckbaren gerichtlichen Schuldtitels, nämlich des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 30.6.2005. Nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin ist ihr eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilt worden. Die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen den Schuldner führte nicht zu einer Befriedigung der Klägerin. So verlief die Pfändung des Kontos des Schuldners bei der ...bank B... gemäß dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Brandenburg vom 15.8.2005 ohne Erfolg. Die Bank teilte der Klägerin durch Drittschuldnererklärung vom 29.8.2005 mit, das Konto sei bereits vom Finanzamt ... wegen eines Betrages von 65.003,93 € gepfändet worden.
Weitere Vermögensgegenstände des Schuldners sind nach Aktenlage nicht ersichtlich bzw. verspätet vorgetragen worden.
Mit Schriftsatz vom 27.8.2007 hat die Beklagte nunmehr vier Einzelforderungen des Schuldners gegen die Klägerin benannt, die insgesamt einen Betrag von 35.885,85 € ausmachen. Dieser Vortrag ist nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO verspätet, da nicht zu erkennen ist, warum er nicht bereits in dem Verfahren vor dem Landgericht erfolgte. Deshalb kann dahinstehen, wie weit diese Forderungen des Schuldners gegen die Klägerin, die sämtlich aus dem Jahr 2003 resultieren, zur Befriedigung der Klägerin wegen der streitgegenständlichen Forderung ihrerseits gegen den Schuldner herangezogen werden könnten.
Auch der - nicht im Zusammenhang mit dem Einwand fehlender Uneinbringlichkeit der Forderung - mit Schriftsatz vom 27.8.2007 getätigte Vortrag, der Schuldner habe erhebliches Eigenvermögen gehabt, mit dem er ein Hotel in Polen zu einem Kaufpreis von ca. 500.000 € habe erwerben wollen, ist zum einen verspätet und zum anderen völlig unsubstanziiert. Es ist nicht einmal erkennbar, ob das Hotel in Polen erworben wurde. Überdies müsste sich die Klägerin auch nicht auf die Möglichkeit einer Zwangsvollstreckung in Schuldnervermögen im Ausland verweisen lassen. Die Belegenheit im Ausland ist ein Beweisanzeichen für eine voraussichtlich fruchtlose Vollstreckung (OLG Köln ZIP 1983, 1316, 1318).
Schließlich stellt das Wohnrecht des Schuldners an dem streitbefangenen Haus der Beklagten keinen Vermögensgegenstand dar, auf dessen Inanspruchnahme im Wege der Zwangsvollstreckung die Klägerin verwiesen werden könnte. Die Pfändung des Wohnrechts würde nicht zu dem Anspruch auf Auskehr einer Vergütung für das Wohnrecht führen, da dieses dem Schuldner unentgeltlich eingeräumt wurde (Ziffer 9.2 1. Abs. des notariellen Vertrages vom 14.6.2004). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin im Rahmen der Pfändung auch eine Nutzungsüberlassung des Wohnrechts verlangen könnte. Eine Befriedigung der Forderung der Klägerin könnte auf diese Weise nicht gewonnen werden, da das Wohnrecht für Dritte wertlos ist, weil es kein Alleinwohnrecht an dem Haus oder einer abgeschlossenen Wohnung in dem Haus eröffnet.
Der Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO steht nicht entgegen, dass der Senat die angefochtene Grundstücksübertragung unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt für anfechtbar hält, als ihn das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Auf diesen abweichenden rechtlichen Gesichtspunkt hat der Senat mit Beschluss vom 6.7.2007 hingewiesen.
Die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG liegen vor. Die Übertragung des streitigen Grundstücks gemäß notariellem Vertrag zwischen dem Schuldner, der Beklagten und der Tochter des Schuldners vom 14.6.2004 ist eine Rechtshandlung im Sinne dieser Bestimmung. Die Rechtshandlung wurde auch innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Anfechtung vorgenommen.
Der Schuldner handelte mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen. Dies ergibt sich aus der Übertragung des Eigentums an dem streitbefangenen Grundstück zu einem Preis, der weit unter dem zunächst von ihm selbst für gerechtfertigt erachteten Kaufpreis liegt und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem er Ansprüchen eigener Gläubiger ausgesetzt war oder diese besorgen musste. Dies stellt sich als Vermögensverschiebung dar, aus der sich auf einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners schließen lässt. Dies hat der Senat bereits mit Beschluss vom 6.7.2007 ausgeführt. Die Beklagte führt in ihrer Stellungnahme hierzu erneut als Teil des Kaufpreises bzw. des für das Grundstück hingegebenen Gegenwertes die dem Schuldner und seiner Tochter eingeräumten Wohnrechte an. Sie übersieht hierbei jedoch, dass sie diese nicht als Belastung des Grundstücks übernommen hat, sondern im Rahmen des Grundstückskaufvertrages vom 14.6.2004 eingeräumt hat. Die Bestellung des Wohnrechts zugunsten des Schuldners und seiner Tochter ist von allen Vertragsparteien, also auch der Beklagten, bewilligt worden, Ziffer 9.2. 2. Abs. des Vertrages.
Die Beklagte weist des Weiteren in Ansehung des tatsächlichen Kaufpreises darauf hin, dass es einen erheblichen Renovierungsstau bezüglich des auf dem streitigen Grundstück aufstehenden Hauses gegeben habe. Diesen beziffert sie mit ca. 30.000 € (Seite 13 des Schriftsatzes vom 28.8.2007). Auch dieser Vortrag ist bereits verspätet. Überdies fällt auf, dass die Beklage zwar einwendet, die Sanitär- und Heizungseinrichtungen seien überwiegend erneuerungsbedürftig gewesen. Die Angabe der Kosten für eine sachgerechte und qualitativ ordnungsgemäße Sanierung hätten sich auf ca. 30.000 € belaufen. Dass eine Sanierung tatsächlich durchgeführt wurde - was ihre Erforderlichkeit unterstrichen hätte - ergibt sich aus diesem Vortrag jedoch nicht. Mit Schriftsatz vom 13.8.2007 hat sich die Beklagte weiterhin dagegen gewandt, dass der Senat die Annahme vertreten habe, die Bestellung der Wohnrechte zugunsten des Schuldners und seiner Tochter mache die in Rede stehende Immobilie praktisch unveräußerlich. Der Senat sieht jedoch keinen Anlass, von dieser Annahme abzuweichen. Sie ist nicht nur nahe liegend, sondern von der Beklagten in erster Instanz selbst zum Ausdruck gebracht worden. Auf Blatt 4 des Schriftsatzes vom 8.11.2006, 4. Spiegelstrich, wird verwiesen.
Die Beklagte trägt nunmehr weiterhin vor, dass die Steuerschulden des Schuldners aus den Jahren 1999, 2000 und 2001 erst durch Bescheide vom 27.10.2004 festgesetzt und zum 1.12.2004 fällig gestellt worden seien. Überdies beliefen sich die Forderungen des Finanzamtes lediglich auf 35.000 €.
Auch dieser Vortrag erfolgt unentschuldigt spät, sodass er schon deshalb nicht erheblich sein kann. Überdies ist schwer vorstellbar, dass die Steuernachforderungen des Finanzamtes für die vorgenannten Jahre für den gewerblich tätigen Schuldner völlig unerwartet kamen. Schließlich stellt sich auch eine Steuerschuld von "nur" 35.000 € nicht als unerhebliche Verbindlichkeit des Schuldners dar.
Schließlich ist auch von einer Kenntnis der Beklagten von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners auszugehen.
Die vorstehend beschriebene Vermögensverschiebung vom Schuldner auf die Beklagte spricht für die Kenntnis der Beklagten von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners (Huber, AnfG, 10. Aufl., § 3, Rn. 33). Die Beklagte hat dieses Beweisanzeichen nicht hinreichend entkräften können.
Die Beklagte behauptet zwar, sie habe keine Kenntnis von den Vermögensverhältnissen des Schuldners gehabt. Diesen Vortrag als richtig unterstellt, ist aufgrund des Inhalts des Kaufvertrages vom 14.6.2004 gleichwohl davon auszugehen, dass die Beklagte die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners erkannte.
Allein die Tatsache des Erwerbs eines zehn Jahre alten Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 150 m² (laut Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten vom 14.8.2006, jedenfalls aber 120 m² gemäß der entsprechenden Erklärung der Beklagten vom 4.4.2007) auf einem Grundstück von 777 m² zu einem Preis von 30.000 € musste der Beklagten deutlich werden lassen, dass sich der Schuldner bei der Veräußerung des Grundstücks nicht von dem Ziel leiten ließ, für das Grundstück einen angemessenen Preis zu erzielen.
Auffallen musste der Beklagten des Weiteren, dass sich der Schuldner trotz des Verkaufs des Hausgrundstücks für sich und seine 21-jährige Tochter ein unentgeltliches lebenslanges Wohnrecht an dem Haus einräumen ließ. Mit dieser Maßgabe war der Erwerb des Hausgrundstücks nach dem eigenen Vortrag der Beklagten - auch bei Zahlung eines Kaufpreises von lediglich 30.000 € - wirtschaftlich sinnlos. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Motiv der Veräußerung des Hauses nicht in einer persönlichen Beziehung zwischen dem Schuldner und der Beklagten zu sehen ist, wie die Beklagte geltend macht.
Die Beklagte konnte aus den beiden vorgenannten Umständen vernünftigerweise nur den Schluss ziehen, dass der Zweck des Verkaufs des streitbefangenen Grundstücks eine Vermögensverschiebung war, die von dem Schuldner gewollt wurde, um seine Gläubiger zu benachteiligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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